Sehr geehrter Herr Bürgermeister,
sehr geehrte Vertreter*innen der Ratsfraktionen,
Wir, die Kulturgemeinschaft Dreiecksplatz e.V., nehmen mit diesem Schreiben Stellung zum jüngst veröffentlichten „Leitfaden für Veranstaltungen im öffentlichen Raum im Quartier Dreiecksplatz“, welche als Beratungsgrundlage in drei Ausschüsse gegeben worden ist.
Zu Beginn möchten wir klarstellen, dass wir uns motiviert und engagiert für den Erhalt des Status Quo mit 21 Veranstaltungen bei FREITAG18 einsetzen. Unser veröffentlichtes Statement beruhte auf
den uns vorgestellten Fakten, die eine Reduzierung auf 9 Veranstaltung als unumgänglich erscheinen ließen. Nun haben uns zahlreiche Informationen erreicht, die diese Einstufung von FREITAG18 als
„seltenes Ereignis“ in Frage stellen. Daraus ergaben sich für uns folgende Forderungen und Konsequenzen:
1. Integration der Mitglieder in den Entscheidungsprozess
2. Falls notwendig: Erstellung einer juristischen Expertise
3. Da sich eine finale Entscheidung noch bis 2026 hinziehen wird, gehen wir davon aus, auch 2025 mit 21 Veranstaltungen planen zu können.
Unsere Stellungnahme ist verbunden mit einer Forderung zur Sicherung unserer Vereinsaktivitäten im bisherigen Umfang und darüber hinaus, im Einklang mit den gesetzlichen Bestimmungen. Konkret
bitten wir um die Erarbeitung einer politisch legitimierten Rechtsgrundlage, die unsere Veranstaltungsreihe FREITAG18 im Rahmen der Freizeitlärmrichtlinie LAI ermöglicht, ohne die
Ausnahmeregelung für „seltene Ereignisse“ beanspruchen zu müssen, wie sie für die WOCHE DER KLEINEN KÜNSTE u.a. geschaffen wurde und gilt.
Der Dreiecksplatz und die Kulturgemeinschaft
Der Dreiecksplatz in seiner jetzigen Form gründet sich auf private Aktivitäten zur Umgestaltung eines vorher für öffentliche Zwecke nicht nutzbaren Platzes. Dies geschah vor 25 Jahren, anlässlich
des 175. Stadtjubiläums. Ohne die Initiative der Gründerväter um Volker Wilmking hätten sich dort Veranstaltungsreihen wie die WOCHE DER KLEINEN KÜNSTE (seit 2000) und FREITAG18 (seit 2009) nicht
etablieren können. Dies waren ehrenamtliche Initiativen aus der Bürgerschaft mit einvernehmlicher Begleitung aus Politik und Verwaltung. Die Veranstaltungen der Kulturgemeinschaft haben sich
einen festen und viel beachteten Platz im Kulturkalender der Stadt und weit darüber hinaus erobert. In entspannter und familiärer Atmosphäre, unentgeltlich organisiert von engagierten
ehrenamtlichen Mitgliedern und Helfern. Viele in der Region schauen neidvoll auf das, was sich dort an kulturellen Aktivitäten entfaltet. Insbesondere FREITAG18 ist in den Sommermonaten zu einem
wöchentlichen Identifikationspunkt geworden, der weit über attraktive Auftrittsmöglichkeiten für lokale und regionale Künstler hinaus an Bedeutung erlangt hat. Der Dreiecksplatz hat sich zu einem
beliebten kulturellen Treffpunkt entwickelt. Zu einem im besten Sinne identitätsstiftenden Heimatort, wie es die Jury bei der Vergabe des Heimatpreises des Kreises Gütersloh begründete. 1.400
Mitglieder, 100 Sponsoren und 50 Ehrenamtliche haben auf diesem Platz etwas Einmaliges geschaffen. Für dessen Erhalt lohnt es sich zu kämpfen. Auch für die Gastronomie, die durch eine Reduzierung
erhebliche Umsatzeinbußen hinnehmen müsste.
Wunsch nach Planungs- und Rechtssicherheit
Das Bemühen der Stadt um Rechtssicherheit ist lobenswert. Unser Wunsch nach Planungssicherheit ist erstrebenswert. Des Pudels Kern liegt in der Frage, ob FREITAG18 als „seltenes Ereignis“
einzustufen ist. Das sind Veranstaltungen, bei denen an 18 Tagen im Jahr auch am späten Abend höhere Lärmwerte von Anwohnern akzeptiert werden müssen. FREITAG18 mit dem Weinmarkt oder der WOCHE
DER KLEINEN KÜNSTE in einen Verordnungstopf zu werfen ist strittig. Darüber hinaus finden sich in den Verordnungen immer Wörter wie „kann“ und „sollte“. Ein MUSS in Befehlsform ist selten. Das
bedeutet: Der Verwaltung sind Ermessensspielräume an die Hand gegeben, die sie mit gutem Willen, Mut und Kreativität ausschöpfen kann.
Vor diesem Hintergrund haben wir uns mit allen Beteiligten darauf geeinigt, dass der Verwaltungsvorstand eine Beschlussvorlage basierend auf der LAI erstellt, deren Inhalt der Kulturgemeinschaft
die nötige Planungssicherheit auch dauerhaft gewährleisten kann.
Dieser Bitte sind die Fachbereiche Ordnung und Stadtplanung nachgekommen, indem sie zunächst einen Dialog mehrerer an der Gestaltung des Dreiecksplatzes interessierten Parteien (Fachbereiche
Ordnung, Planung, Kultur; Kulturgemeinschaft Dreiecksplatz und ausgewählte Anwohnervertreter) initiierten, um sich ein Bild der Gemengelage zu machen. Diesen Dialog und diese Vorgehensweise
begrüßen wir als Kulturgemeinschaft, da uns an der Verortung unserer in der Vereinssatzung formulierten Interessen im Kontext der Bürgerinteressen im Allgemeinen natürlich sehr gelegen ist.
Sowohl die beteiligten Fachbereiche als auch die geladenen Anwohner machten deutlich, wie sehr ihnen die Arbeit der Kulturgemeinschaft am Herzen liegt und wie sehr sie diese als schützens- und
bewahrenswert empfinden. Dabei sind im Rahmen dieser Gespräche auch Themen aufgekommen, die die Arbeit der Kulturgemeinschaft höchstens mittelbar betreffen (z.B. Belastung der Bewohner
insgesamt), aber in der natürlich nur verkürzt wiedergegebenen Pressedarstellung zum „Leitfaden“ den Anschein erwecken, dass es hier direkte Zusammenhänge gäbe.
In diesen Gesprächsrunden gab es auch seitens der Kulturgemeinschaft konstruktive Ideen und Angebote, die allgemeine Belastung der Anwohner zu reduzieren. Die erfolgreiche Umsetzung dieser Ideen,
z.B. im Rahmen der WOCHE DER KLEINEN KÜNSTE wurde seitens der Anwohner und des Ordnungsamtes, in einer Gesprächsrunde im September 2024 bestätigt und gewürdigt. Die Kulturgemeinschaft hat
bewiesen, dass sie in der Lage ist, einen maximalen Beitrag zur Lebensqualität in der Stadt Gütersloh zu leisten, und dabei auf die Interessen der Anwohner besondere Rücksicht zu nehmen, obgleich
diese sogar deutlich belastendere Veranstaltungen identifiziert haben als die der Kulturgemeinschaft.
Fazit
Es ist offensichtlich, dass FREITAG18 (in den Sommermonaten, an ca. 21 Freitagen, von 18-19 Uhr) bei moderater Lautstärke und nicht von Anwohnern bemängelt, kein „seltenes Ereignis“ sein
kann.
Dieses Statement möchten wir auch als Einladung zu einem kreativen Dialog mit der Politik verstanden wissen, die mit ihrer Expertise und Kreativität sicher noch guten Input einbringen wird – mit
dem Ziel, das der Status Quo erhalten bleibt. Wichtige identitätsstiftende, bildende Kulturarbeit darf nicht in den Händen des Ordnungsamtes liegen, und das Allgemeinwohl darf nicht den
Klagefantasien teils anonymer, nicht einmal direkt betroffener Einzelpersonen geopfert werden.
Gez.
Der Vorstand der Kulturgemeinschaft Dreiecksplatz e.V.