WdkK'22 - Der Montag:

Eleganz, Substanz – und Tanz

 

Beim Bänke-Richten auf dem Rasen drängt sich morgens das Bild auf: willkommene Klänge, aber ertragen unter sengender Sonne? Stattdessen Entwarnung, Sorglos-Paket: die Bäume des Dreiecksplatzes spenden Schatten, milde Lüftchen versetzen Musikliebhabende in Bestlaune – beide Montags-Formationen zeigen sich in Bestform: Der Auftakt des Festivals der Kleinen Künste hätte nicht besser laufen, grooven, glücklich machen können.

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Los Paddys – Latino-Jigs & Reels treffen auf Flamenco River Dance

 

Vor 60 Jahren brachten Matrosen Blues & Rock’n’Roll nach Liverpool und Hamburg – heute erledigen die Kreativen das selbst – eine mega-sympathische irische Truppe aus West County Clare, angefixt von argentinischem Flair: und das nicht als Gimmick-Stilkombi, sondern im entspannt-harmonischen Flow weltumspannender Gelassenheit. Ursprünglich Los Paddys de las Pampas, präsentiert Gitarrist und Sänger Paddy Mulcahy, visuell etwas verrückter Hippie-Professor im Strandoutfit, den verschmitzt-melancholischen „New Song For The Morning“ – Mehrstimmiges zur klagenden Fiddle & Akkordeon: nach gefühlten 30 Sekunden haben sie das sommerliche 3-Eck fest im Griff. Ein Raunen, dann Szenebeifall: Lenka Fairy und Andrea Kafonková – tschechische Irinnen, kombinieren atemberaubend-anmutig Riverdance und Flamenco, als hätte die Welt diese Choreos schon immer kombiniert.

Dazu legt ein London-Irishman am Dobro-Bass – „davon wurden nur 500 hergestellt, ein Flop, aber ich liebe ihn“ – das Fundament zu einer ausgeschlafenen Rhythm-Section mit „naked drummer“ Angelo Heart sowie Cajonist und bald wieder Andrea an der Bhodran-Trommel, während Lenka die 4-saitige Cuatro-Kastenlaute bedient. Musiker aus Südafrika und Australien gehören zum Ensemble, in Pampas-Decken gehüllt und gestiefelt wie im Quentin Tarantino-Western tritt nach einigen Jigs and Reels das mexikanische Gitarren-As Fernando hinzu und liefert mit Django Reinhardts „Minor Swing“ eine sanft-virtuose Visitenkarte. Einer von vielen Höhepunkten ist „Sunflower“ – in dem die immer wieder auftanzenden Ladies mit riesigen Schwanenflügeln erscheinen. Fairy: „Wir brauchten einen Song zu unserem neuen Tanz: ‚Für jeden getöteten Vogel wachsen uns neue Flügel‘ – Resilienz für ukrainische Freunde: unser 400-Seelen-Dorf nahm 800 von ihnen auf!“ Gegen Ende singen alle mit: „Take me home boys, take me home“ – und den Klängen der Weltmusiker und Tänzerinnen möchte man länger nachspüren, als die Pause es zulässt. Die Herzen aber sind erwärmt.

 

 

Michelle David & The True Tones – Memphis & New York vibrieren in Amsterdam

 

Der Softfunk des Gitarre-Bass-Drums-Trios mit den 40er-Jahre-Bogart-Anzüge geht sofort in die Beine – ausgeschlafenste 16-tel von Bas Bouma auf der Hi-Hat, Paul Willemsens schwebender Bass. Und dann diese Retro-Gitarre von Onno Smit – angesiedelt zwischen Duane Eddy und dem Mambo-Meister Manuel Galbán – warmer Ton mit staubtrockenem Echo und der rhythmischen Verschmelzung zur Trio-Einheit, die Tote weckt. Dazu tänzelt Michelle David auf die Bühne, Rampenlady aus dem Big Apple, in Aretha-Franklin-Stimmlage und -Erscheinung – im Temperament eher eine Mischung aus ekstatischer Tina Turner und Trude Herr! Sie übernimmt „Yes I Am“ vom Powertrio, lässt die Menge vor und auf den Bänken sofort mittanzen.

Weiter geht’s mit Motown Soul, aber wie ihre irischen Vorgänger mixen die „wahren Töne“ alles hinein, was Spaß macht – hat Onno mal eine Minute lang nichts zu tun an den 6 Saiten, schlägt er auf eine einsame Bongo, als sei’s ein Stück von Santana. Calypsos und Cha-Chas und Afro-Grooves kommen ebenso zum Einsatz. Die magische Michelle lässt die Gütersloher beseelt „Lalala“-Chöre anstimmen, und sie fordert uns in „Taking It Back“ auf – holt Euch alles Verlorene wieder: Liebe, Job, Glück! Im irren Rumba „There’s A Light“ begnügt sich der Drummer mit Filzschlägel auf Bassdrum und Cowbell – Hypnose! In „Trust“ greifen die Wechsel zwischen 6/8-Blues und straightem Stomp geradezu schlafwandlerisch – längst tanzen die Iren der ersten Halbzeit mit. „My Praise betont die Gospel-Roots der Michelle Dabvid, und das zum Glück ausufernde „Keep On Running“ konnten wir wörtlich nehmen – Adrenalin auf Vorrat. Und Ende eines Auftaktes, den man erst einmal toppen muss!

 

P.S. Backstage bekannte die Wahl-Utrechterin mit den Amsterdam-Boys: „Ich fliege immer noch nach New York, aber die Maschine in die Niederlande ist mein Heimflug!“ Und genau solch einen Heimflug hatte Michelle David auf dem 3-Eck…

Uli Twelker für die Kulturgemeinschaft Dreiecksplatz